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Der alte Schwanen

Die Gastwirtedynastie in Mosbach

Aus dem Jahresheft 2000 des Mosbacher Geschichtsvereins, welches dieser alljährlich über Mosbach herausbringt, ergeben sich interessante Informationen über die Schifferdecker.

Danach waren die Schifferdecker in Mosbach über Jahrhunderte als Bierbrauer und Gastwirte tätig. Aus Verkaufs-, Versteigerungs- und Erburkunden ergeben sich der Ausbau und Wechsel der Mosbacher Gastwirtschaften von und an Schifferdecker.

Die folgenden im Artikel entahltenen Informationen über die Schifferdecker werden von uns hier wiedergegeben.

Quelle:
Erika Hemberger-Jung, Gasthäuser und Herbergen im Lauf der Jahrhunderte
Teil. III. Zur Geschichte der Mosbacher Gastronomie
Mosbacher Geschichtsverein, Jahresheft 2000, Seiten 191 bis 196


Die Rückseite des Alten Schwanen

Der Alte Schwanen

Am 10. Mai 1856 erwarben der Bierbrauermeister Philipp Martin Schifferdecker und/oder seine Frau Wilhelmine, geb. Deetken das Gasthaus "Alter Schwanen" oder "Schwanen" (Realwirtschafts schildgerechtigkeit mit allen darauf ruhenden Rechten und Gerechtigkeiten) in der Schwanengasse in Mosbach für 800 Gulden.
Verkäufer dieser Gastwirtschaft waren die Eheleute Wilhelm und Katharina Häffner. Die Großmutter der Katharina Häffner war Ester Katharina Ludwig, geb. Schifferdecker.

Der Artikel enthält hier eine perplexe Benennung der Personen (Verkauf an die Witwe des ... und seine Frau ...). Zu vermuten ist, dass die Witwe allein die Gastwirtschaft erwarb.

Das Bild oben zeigt das Gasthaus in der Schwanengasse. Die Aufschrift an rechten Bildrand: Brauerei Schumacher, Inhaber Wilhelm Häffner.

Das Bild links zeigt die Rückseite der schönen alemanischen Fachwerkbaus, welcher am 27.3.1961 abbrannte. Für die Wiederherstellung war die Zeit damals noch nicht reif - das Haus wurde abgerissen. Das Foto entstand 1950.

Das Gasthaus wird im Kaufvertrag an Wilhelm Häffner wie folgt beschrieben (Grundbuchauszug vom 27. November 1841):
Ein dreistöckiges Wohnhaus in der Schwanengasse neben gemeiner Gasse beiderseits, und hinten auf den evangelischen Pfarrgarten stoßend, samt der auf diesem Wohnhause ruhenden Realwirtschaftsschildgerechtigkeit "Zum Schwanen". Weiteres Zubehör: Eine Scheuer neben dem Wohnhaus, ein Nebenbäulein oder Gelass an der Scheuer, ein zweistöckiges Bierbrauerei- und Brandweinbrennerei-Haus allda im Gesamtsteueranschlag von 3.600 Gulden. Hierzu weiter ein Felsenkeller mit Übergebäude und Tanzsaal im Haubenstein im Steueranschlag von 800 Gulden mit dazuigehörigemi freien Platz, in der Ehe gebaut, und damit eheliches Vermögen Weiter: Wiesen, Hopfengarten, Weinberge und Hackstücke. Alle Liegenschaften werden für 7.000 Gulden verkauft, auch Brauerei- und Brennereit-Einrichtung sind in diesem Betrag enthalten.


Gasthaus in der Hauptstraße

Zum Weißen Schwanen

Der Neffe der Wilhelmine Schifferdecker, der Bierbrauermeister Friedrich Schifferdecker ersteigerte am 20. Juni 1843 aus der Verlassenschaft seines Vaters Georg Schifferdecker das Gasthaus mit Brauerei, Brennerei, Essigsiederei, Scheuer und Stallungen in der Haupstraße für 12.580 Gulden. Das Brauereigebäude mit den Resten eines Wappens ist heute noch in der Hospitalgasse zu sehen.
Am 20. Mai 1856 verkaufte Friedrich Schifferdecker die gesamte Immobilie an seinen Vetter Gustav Schifferdecker, ebenfalls Bierbrauermeister und Sohn von Wilhelmine Schifferdecker. Wilhelmine Schiffedecker übertrug 1856 auf das Gasthaus in der Hauptstraße die Schildgerechtigkeit "Zum Weißen Schwanen".
Gustav Schifferdecker verkaufte am 28. Juli 1862 Gustav Schifferdecker verkaufte am 28. Juli 1862 das Anwesen in der Stadt, nebst Garten zwischen Schießhaus und Gipsmühle (heute Gartenschaugelände, Eingangsbereich) für 16.000 Golden an den jüdischen Geschäftsmann Maier Kaufmann. Die Realwirtschaftsschildgerechtigkeit, sowie die Brauereieinrichtung behielt Gustav Schifferdecker vorerst. Die Schildgerechtigkeit "Zum weißen Schwanen" verkaufte er Ende 1862 an die Witwe des Gastwirts Franz Müller, Katharina geb. Haas, für das heutige Gasthaus "Zum Schwanen" in der Schloßgasse unweit des Marktplatzes zum Preis von 2.300 Gulden.

Das Bild oben zeigt Das Gasthaus in der Hauptstraße (Pfeil)


Die Gustavsburg

Zu dem Anwesen aus dem Nachlass des Georg Schifferdecker gehörte neben der Gastwirtschaft in der Hauptstraße ein Felsenkeller mit diversen Grundstücken in der Nordklinge. Nach dem Verkauf von Friedrich Schifferdecker an seinen Vetter Gustav Schifferdecker im Jahr 1856 erbaute dieser über dem Felsenkeller in der Nordklinge eine Sommerwirtschaft, die sogenannte "Gustavsburg". Nach seinem Tode am 11. Juni 1875 erbten seine Kinder den Felsenkeller mit der "Gustavsburg". 1883 verkaufte die Witwe des Gustav Schifferdecker (wohl für die Kinder) die Liegenschaft an die Gebrüder Heinrich und Philipp Hübner.



Deutscher Hof am Ludwigsplatz - heute Restaurant Ludwig

Deutsche Hof, ehem. Leiningischer Hof

Das Bild zeigt das Gasthaus "Deutscher Hof" am Ludwigsplatz, heute Restaurant Ludwig

Am 10. September 1862 ersteigerte Gustav Schifferdecker, der Wirt "Zum weißen Schwanen", aus der Verlassenschaft seines Schwiegervaters, mit dessen Tocher Johanna er seit 1856 verheiratet war, den Gasthof zum "Deutschen Hof", ehemals "Leiningischer Hof", für 27.600 Gulden.
Gustav Schifferdecker starb am 11. Juni 1875. Am 28. Oktober 1875 wurde seine Verlassenschaft versteigert. Die Witwe Johanna Schifferdecker geb. Endlich erbte das zweistöckige Gasthaus zum "Deutschen Hof" nebst Brauhaus, Scheuer, Stallung und der darauf befindlichen Wohnung, eigene Einfahrt, gewölbten Kellern, Sommerwirtschaft mit Kegelbahnen, Garten mit Hofraum und einem Garten hinter dem Haus mit Brunnen und Gartenhaus sowie Gras- und Baumgarten. Das ganze Anwesen in der oberen Stadt neben der Sulzbacher Straße, Stadtzwinger und der Hauptstraße hatte einen Wert von 60.000 Mark. Den Felsenkeller mit der "Gustavsburg" erbten die Kinder.
Die Gustav Schifferdecker Witwe Johanna geb. Endlich verkaufte am 2. Oktober 1883 das ganze Anwesen mitsamt "Gustavsburg" und allen Grundstücken an die Gebrüder Heinrich und Philipp Hübner zum Preis von 78.000 Mark.

Somit erlosch die Bierbrauer- und Wirte-Dynastie Schifferdecker in Mosbach.



Neuigkeiten

Dieser Artikel war für uns sehr interessant. Aus den Angaben zu der Witwe des Philipp Martin, die Bezeichnung Neffe Friedrich, dessen Vater Georg sowie der Verkauf an den Vetter Gustav denken wir darauf schließen zukönnen, dass Georg der Bruder des Philipp Martin ist und beide Söhne des Martin Philipp sind. Nach unseren gesicherten Angaben war Georg der Sohn des Martin Philipp (wobei dessen Geburtsdatum streitig ist - siehe Angaben im Stammbaum). Philipp Martin und Gustav waren uns bisher nicht bekannt.

Zwar kann man ohne exakte Angaben zu Geburts- und Sterbedaten diese Beziehung nicht mit Sicherheit annehmen, da es verschiedene Schifferdecker mit diesem Namen gegeben haben kann. Jedoch sprechen viele Anhaltspunkte für die Richtigkeit unserer Auslegung: das Versteigerungsdatum der Erbschaft des Georg (20. Juni 1843) passt zu Sterbedatum des uns bekannten Georg (21. 12.1842); dieser Georg hatte einen Sohn Friedrich und mehrere mit einem solchen Zweitnamen und natürlich die Bierbrauertradition der Familie.

Was sagen Sie dazu? Haben Sie Zweifel oder wir Denkfehler? Diskutieren Sie im Gästebuch.





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